Gruppenportrait

 

SuS-Arbeit 2021/22

 

Gruppenportrait

Das Gruppenportrait verbindet idealerweise mehrere Gebiete der Bildnerischen Erziehung. Es ist daher ein größer angelegtes Projekt, das sich schon mal über 2 Monate ziehen kann.

Ich führte das Projekt mit einer Klasse von 26 SuS durch, die ich seit den letzten zwei Sommermonaten im BE Unterricht hatte. Die Projektbeschreibung im Folgenden ist im Rückblick zu den Ergebnissen und der Dokumentation des Prozesses entstanden.

1. Recherche als Referat mit Bildanalyse und einer Lektion in Visual Literacy

Der Recherche-teil findet als Ansammlung aus Referaten statt. In den Referaten werden Bilder nach dem Schema der Bildanalyse analysiert. Die Aufgabe der Referent_Innen ist es außerdem, Überlegungen über die Appropriierbarkeit des Bildes für die Zwecke des Unterrichtsprojektes anzustellen. Das umschließt Fragen dazu, ob die Zahl der dargestellten Figuren den SuS in der Klasse entspricht, und wie die Probleme gelöst werden können, welche Position welchen SuS zukommen könnte und warum das so ist.

In der Referatereihe können bspw. behandelt werden:

Kent Monkman, Resurgence of the people, 2019

Mary Emily Osborn, Nameless and Friendless, 1857

Nicole Eisenman, The Abolitionists in the Park, 2020-21

Xenia Hausner, Drei Abschiede, 2017

Rembrandt van Rijn, Die Anatomie des Dr. Tulp, 1632

Raffael, Die Schule von Athen, 1510-1511

Norman Rockwell, CHRISTMAS HOMECOMING, 1948

Käthe Kollwitz, Weberzug, 1897

Im nächsten Schritt werden von den Köpfen aller Klassenmitglieder Fotos gemacht, und in verschiedenen Größen ausgedruckt. Die Aufgabe ist, die Personen auf den Portraitbildern zu platzieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die SuS in einem vorgestellten Bildraum bewegen könnten.

Körperhaltung, Gestik, modische Erscheinung sind alle Teil eines Erscheinungsbildes, das im Sinn einer visual literacy “gelesen” wird. Das ist schon so im realen Alltag, noch viel mehr aber im künstlerischen Bildwerk, weil Kunst immer schon wo hin deutet. (siehe zb. Arthur C. Danto: What Art Is. Yale University Press, 2013) Deshalb stellt sich die Frage nach der Darstellung der SuS nochmal expliziter. Festgefrohren in Zeit und Raum, ist die Abbildung eines Selbst sehr aussagekräftig.

Wenn also das Gesicht für die/den individuellen, wieder erkennbaren SuS darstellt, dann ergibt sich aus dem Rest seiner/ihrer Oberflächengestaltung der ganze kulturelle Kontext, der vielfältig gelesen werden kann. Entsprechend sollen sich die SuS Körperhaltungen überlegen, die sie gut finden, und in zweiter Instanz überlegen, warum sie diese gut finden, wie diese Positionen gesellschaftlich gelesen werden, und ob sie sich seriöser weise auf diese Weise repräsentieren wollen.

2. Formfindung und Komposition

Es gibt die individuellen Erkenntnisse darüber, wie man als SuS erscheinen möchte, jedoch gibt es auch die kompositorische Komponente, die das ganze Gefüge zu einem ästhetisch anspruchsvollen Bild machen soll. Deshalb findet nun eine Hin- und Her Bewegung statt von den individuellen Vorstellungen der SuS zu ihrer Einfügung in den Gruppenkontext. Nicht zu vergessen ist schließlich, dass auch die anderen Figuren im Bild einen Kontext für das Individuum darstellen.

Rein ästhetisch ist von Bedeutung, wie eine größere Menschengruppe gestaffelt wird. Auch das soll eine Frage sein, der die Referent_Innen bei der Analyse ihres Bildes nachgehen sollen.

Staffelung frei nach Raffaels “Schule von Athen”. Die Figuren sind schon durch ihre mit symbolischer Bedeutung aufgeladenen Körperhaltung gegeneinander abgegrenzt und dadurch individualisiert.

Staffelung frei nach dem “Weberzug” von Käthe Kollwitz. Die Staffelung ist dynamischer als in der Schule von Athen. Die Auschnitthaftigkeit, die Flüchtigkeit der Individualisierung macht diese Komposition lebensnaher, eventuell auch politisch brisanter.

Die Bewegungen zwischen Individuen und Gruppe finden in einer moderierten Diskussion statt. Zuerst stellen die SuS jeweils vor, zu welcher Position sie tendieren, und wie sie ihre Oberfläche präsentieren wollen. Sie zeichnen sich in dieser Position, schneiden die Figur aus und argumentieren sie als ihre persönliche ästhetische Erscheinung.

Ästhetische Konflikte treten auf, -infolgedessen müssen Kompromisse zugunsten der Gesamtkomposition getroffen werden. Wie weit einzelne SuS dabei gehen wollen, ist eine spontane Aushandlungsfrage.

Wie zu sehen ist, haben die SuS aufgrund nicht genügend strukturierter Recherche keine dynamische Haltung für ihre Avatare entwickelt, und daran leidet die Gesamtkomposition. Im Tableau Vivant, dass wir auf dieser Vorlage als Fotoshooting veranstalteten war es von meiner Seite notwendig, einige Dynamisierungen zu verordnen. Vielfach standen SuS von sich aus vollkommen symmetrisch da.

Auf meinen Vorschlag hin wurde in die Komposition ein Pferd mit aufgenommen. Da wir natürlich kein echtes Pferd als Modell hatten, simulierten die zwei SuS links der Mitte, sie würden auf einem Pferderücken sitzen.
Zuletzt mündete das Projekt mittels Fotoshooting als auch Photoshopping in diese Komposition:

Das fertige Bild ist möglichst hochauflösend abzuspeichern. Sodann wird das Bild in der Zahl der Klassenmitglieder in gleiche Teile unterteilt und in Einzelteilen ausgedruckt. Dabei ist darauf zu achten, dass der tatsächliche Bildbereich im Milimeterbereich gedruckt wird. Die einzelnen Abschnitte sollten außerdem in LängexBreite ein exaktes Zentimeter-Maß erfüllen, um die Rasterübertragung gewährleisten zu können.

Die Einzelfotos sind mit einem 1x1 cm großen Raster zu hinterlegen, damit die SuS sie im richtigen Größenverhältnis übertragen können. Am Besten geschieht dies noch vor dem Ausdrucken mittels Computer (z.b. Illustrator)

In der Gruppe werden Farbtöne bestimmt, in welchen die SuS verbleiben, um auch eine farblich stimmige Komposition zu erzeugen. Haut und Haare bilden hierfür eine Ausnahme. Meine Klasse entschied sich für folgende Farben.

Der zweite Teil des Projekts beginnt,- diesmal mehr oder weniger in Einzelarbeit.

Herausforderung über die Einzelarbeit hinaus war nun, sich mit den benachbarten Bildausschnitten über den genauen Farbton abzusprechen. Dies ist leider gar nicht gut gelungen. und muss in zukünftigen Versionen des Projekts anders gemacht werden (vorgemischte Farbtöpfe verhinderten das Lernen des korrekten Anmischens, also auch keine ideale Lösung). Möglich wäre abzusprechen, wer von denjenigen, die sich einen abschnittsübergreifenden Bereich teilen, die Farbe für den Bereich an mischt.

Das Bild, das auf diese Weise entstanden ist, hat die Züge eines Fiaskos. Andererseits ist zu berichten, dass die SuS im Moment der Hängung sehr belustigt, ja nahezu euphorisiert von dem Ergebnis waren.

Diese Projektbeschreibung ist im Rückblick entstanden, sie führt also nicht zwangsläufig zu diesem Ergebnis und auch dieses Ergebnis ist offensichtlich auch neben der Fehler, die darin vorkommen, kein vollständiges. Wir unterbrachen das Projekt aufgrund des nahenden Semesterendes.

Die Fehler sind vor allem auf zwei Faktoren zurück zu führen:

  1. Der Raster wurde nicht richtig übertragen, oder die Zeichnung wurde nicht richtig in den Raster übertragen.

  2. Die Farbgebung der abschnittsübergreifenden Farbbereiche wurde nicht präzise genug abgesprochen.

  3. Die Vorgabe der Farben mittels des ausgeteilten Farbstreifens wurde nicht präzise eingehalten

SuS-Arbeit 2021/22