blog

Rückblick auf den liegenden Lehrkörper

Ziehe ich zwischendurch Bilanz darüber, wie gut es möglich ist, abweichendes Handeln in den Unterricht zu integrieren, so kann ich sagen, dass das durchaus möglich ist. Die SUS schätzen solches Handeln, zumindest in der Spielart, in der ich es anwende. Denke ich an meinen Versuch, einen im Klassenzimmer am Boden liegenden Lehrkörper mittels meiner Diplomarbeit zu argumentieren, so scheint mir dieser Versuch im Rückblick zu gelingen, wenn auch das Liegen selbst in der praktischen Ausübung nicht die erwartete Überraschung hervorrief. Ich habe diese Figur ausprobiert, um zu performen, was ich persönlich unter Kunst verstehe. In der Tagesbetreuung hatte ich, um die Frage nach der Kunst zu beantworten, gemeint, die Kunst wäre das “gesellschaftlich Andere”, was wohl inspiriert ist von einer Formulierung Niklas Luhmanns. Ich zeigte dazu, dass es das gesellschaftlich Normale ist, sich wie ein typischer Lehrer auf die Kante eines Tisches zu setzen, das eine Bein am Boden, das andere schwingend, und zeigte im Vergleich dazu, das ich am Boden liegend, das gesellschaftlich Andere eines Lehrertypus repräsentieren würde. Ich meinte, dass dieses Verhalten dem Künstlerischen näher ist, als jedes typische, normale und erwartbare Verhalten.

Es ergaben sich daraus keine expressiven Reaktionen auf der Seite der SuS, welchen ich dieses Stück vorgeführt hatte. Sicher hängt das damit zusammen, dass ich die Aktion mit beschreibenden Worten begleitete, und mich nicht völlig unvermittelt auf den Boden gelegt hatte. Ein anderes Mal,- diesmal hatte ich mich auf einen Tisch gestellt, und performte am eigenen Körper die Aspektive der altägyptischen Menschendarstellungen im Vergleich zur griechischen Achsensymmetrie und zum Kontrapost,- folgte hingegen sehr wohl Schmunzeln bis Gelächter. Der Wert solchen Handelns kann aber wohl ohnehin nicht an den rein äußerlichen impulshaften Reaktionen abgelesen werden.

Die Physikerin Ulrike Diebold hat in einer Ö1 Sendung mit dem Titel “Was die Welt zusammenhält” von einer inspirierenden Erfahrung erzählt, nach welcher ihr erster Physiklehrer im Klassenzimmer herumhopste, um die Oberflächenwirkung des Wassers begreifbar zu machen. Allein die Tatsache, dass diese renommierte Physikerin von ihrer Erinnerung erzählt,- dass sie diese Begebenheit bis heute im Kopf behalten hat und sie sich gerne ins Gedächtnis ruft, beweist und unterstreicht den pädagogischen Wert untypischen Handelns.